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Abstimmungen sind immer ungerecht!

Folge 103: Abstimmungen sind immer ungerecht!

Um als Unternehmen erfolgreich zu sein, braucht es ein sehr gut funktionierendes Team. Eine klare Kommunikation und Motivation sind hierbei essenziell, um jeden Einzelnen im Team zu erreichen und dadurch zu einer guten Zusammenarbeit zu bewegen. Doch Abstimmungen erzeugen oft in wenigen Minuten Verlierer und Gewinner. Bei einem Ergebnis von 51:49 betrifft das dann die Hälfte der Mitarbeiter. Verlierer neigen zum passiven Widerstand, das führt zu Fehlern und unbewussten Boykotten.

Hier kannst Du den Tipp der Woche (103) nachlesen

Tipp der Woche

Abstimmungen sind immer ungerecht!

Wann und worüber hast Du das letzte Mal abgestimmt? In der Firma, als es darum ging, ob es weiterhin Fleisch in der Kantine geben soll. Oder ein Meeting immer am gleichen Wochentag stattfinden soll? Oder welcher Film am Wochenende mit der Familie angesehen wird?

Wie geht es Dir bei dieser Art von Abstimmung? Welche Art ich meine? Nun es gibt zwei oder mehrere Optionen und die Betroffenen stimmen durch Handzeichen oder per Stimmzettel ab. Anschließend gibt es eine Mehrheit, welche je nach Statuten auch sehr knapp sein kann – eine Stimme mehr als bei den „Gegnern“. Und schon wird gemacht, was die Mehrheit sagt. Hast Du auch das Gefühl, dass diese Art der Abstimmung ungerecht ist?

Das Trigger-Wort hast Du jetzt schon gelesen. Die anderen – die Gegner. Abstimmungen vermitteln oft das Gefühl die anderen sind die Gegner. Oder die Verlierer bzw. die Gewinner. Das lässt dann einen schalen Nachgeschmack zurück.

Doch viel wichtiger ist die Frage: Was passiert bei den „Verlierern“? 51 waren dafür 49 dagegen. Ist das jetzt gerecht. Wie ist das, wenn 49 etwas tun müssen, was sie auf keinen Fall wollten? Oft führt das zu passiven Widerstand. Und zu Fehlern (also bewusster oder unbewusster Boykott). In Familien wird dann im „Gegner-Essen“ herumgestochert bzw. mit hängenden Schultern, schlurfenden Schritten und ständigem Gemeckere. Auch passiver Widerstand genannt.

Wenn mehr als die Hälfte dagegen ist!

Noch schwieriger ist es, wenn es mehr als 2 Optionen gibt, zum Beispiel 3 oder 5. Angenommen, die Vorgabe im Unternehmen lautet, dass man sich alle 2 Wochen nach Feierabend zu einem offiziellen Meeting trifft, um die nächsten Schritte zu entscheiden oder bestimmte Ereignisse nachzubereiten. Jetzt stehen 5 Wochentage zur Verfügung. 

  • Montag
  • Dienstag
  • Mittwoch
  • Donnerstag
  • Freitag

Angenommen 10 Mitarbeiter stimmen ab und das Ergebnis sieht folgendermaßen aus:

  • Montag 2
  • Dienstag 2
  • Mittwoch 3
  • Donnerstag 2
  • Freitag 1

Ich würde Dir nicht davon erzählen, wenn es nicht eine Lösung gäbe.

Zwei Forscher haben schon vor längerer Zeit eine Methode entwickelt, die keine Gewinner und Verlierer bei der Abstimmung übriglässt. Und vor allem senkt sie den passiven Widerstand auf beinahe 0. Dipl. Ing. Siegfried Schrotta und Dr. Erich Visotschnig haben das „Systemische Konsensieren“ entwickelt. Georg Paulus hat mit den beiden dann ein kleines Buch geschrieben, in dem diese Methode vorgestellt wird. Systemisches Konsensieren klingt nach Wissenschaft und in der Durchführung wie eine Doktorarbeit. Doch genau, dass ist es nicht.

Es geht annähernd so schnell wie Abstimmen, besonders weil die lästige Diskussion vorher und/oder hinterher wegfällt. Der passive Widerstand und das Gefühl zu den „Verlierern“ der Abstimmung zu gehören, entfällt annähernd ganz. Was bedeutet der etwas holprige Name „Systemisches Konsensieren“. Ich zitiere aus dem entsprechenden Buch:

Systemisches Konsensieren, darf nicht als Angriff auf die Demokratie (im Unternehmen, in der Familie Anm. der Autorin) missverstanden werden. Im Gegenteil! Es ist ihre Größte Chance seit ihrer Konstituierung (Bildung, Gründung) Das Wort „Systemisch“ bedarf daher schon vorweg einer etwas genaueren Erklärung {…}: Es deutet an, dass diese Entscheidungsmethode systembedingt bei allen Beteiligten ein konstruktives Verhalten hervorruft, ohne von deren gutem Willen oder sonstigen Eigenschaften abhängig zu sein. Systemisches Konsensieren führt selbsttätig zur größtmöglichen Näherung an den Konsens. Es hat eine starke konfliktlösende Wirkung.

Messen der Widerstandsstimmen (WIST)

Soweit die Theorie. Was bedeutet das jetzt in der Praxis und wie geht es. Nun anstatt abzustimmen, wird der WIST = die Widerstandstimmen gemessen. Bleiben wir bei dem Beispiel mit dem zweiwöchigen Meeting nach der Arbeitszeit – also Beispielsweise ab 18.00 Uhr.

Wir sind vorhin von 10 Mitarbeitern ausgegangen. 

Nehmen wir Mitarbeiter 1: Als er bei der Abstimmung gefragt wurde, ob Montag ein guter Tag für das Meeting wäre, fiel ihm sofort ein, dass alle drei Wochen sein Nachbar zum Skatspielen, mit einem Freund kommt. Also Montag geht nicht. Am Dienstag hat er immer Bestrahlung beim Arzt. Das wird auch noch einige Monate so weiter gehen.

Am Mittwoch, kommt seine Tochter immer wieder mal vorbei, sehr unregelmäßig und war jetzt auch schon länger nicht mehr der Fall. Donnerstag geht er gerne mal ins Schwimmbad. Nicht oft, aber es kommt vor. Und Freitags, würde der Haussegen schief hängen, wenn er nicht beim Wochenendeinkauf hilft. Tja, da hebt er halt die Hand für Mittwochs, aber wenn seine Tochter kommt, ist er krank.

So wäre das bisherige Abstimmungsverfahren. 

Beim systemischen Konsensieren, wird anders gefragt. Mitarbeiter 1 bekommt ein Blatt mit einer Tabelle mit Montag bis Freitag (bei Unternehmen mit fortschrittlicher Digitalisierung einen Link) und er soll jetzt seine Widerstandswerte beim jeweiligen Tag eintragen. 0 = überhaupt kein Widerstand und 10 bedeutet = nur über meine Leiche. 

  • Montag 5 (denn Skat ist nur alle 3 Wochen und wenn beide Termine zusammenfallen, könnte er mit seinem Nachbarn auch mal einen anderen Tag absprechen)
  • Dienstag 8 (den der Arzt ist wichtig und da wieder alles umzustellen ist zu kompliziert)
  • Mittwoch 4 (er sollte mal mit seiner Tochter sprechen, ob sie ihre regelmäßigen Besuche wieder aufnehmen möchte und ggf. an einem anderen Tag)
  • Donnerstag 6 (wenn er wieder Schwimmen geht, könnte er am Meeting-Donnerstag ja vielleicht auf den Mittwoch ausweichen, mal schauen)
  • Freitag 9 (Wenn es am Freitagabend schon Stress mit dem Oberhaupt der Organisation, nämlich seiner Frau gibt, ist das Wochenende sicher im Eimer, darauf hat er wirklich gar keine Lust)

Das gleiche macht jetzt auch Mitarbeiter 2: Er hatte vorher notgedrungen bei Montag die Handgehoben, aber nur mit ärgerlichem Gesicht und alle anderen Tage kategorisch abgelehnt. Natürlich aus gutem Grund. Jetzt stellt er fest, dass die höchsten Werte bei den Widerstandspunkten vor allem am Donnerstag und Freitag sind. 

Montag bis einschließlich Mittwoch liegen die Widerstandswerte zwischen 3, 4 und 6.

Und so verfahren auch die restlichen 8 Mitarbeiter. Am Ende werden die Widerstandswerte alle in einen Plan mit allen Mitarbeitern eingetragen. Und der Tag, der bei allen Mitarbeitern den wenigsten Widerstand erzeugt, das wird jetzt der 14-tägige Meetings-Tag.

Vorteile der Widerstandwerte

Nehmen wir an es wäre der Montag. Was ist jetzt der größte Vorteil. Zum einem, es gibt keine Gewinner und Verlierer mehr. Sätze wie: „Hab‘ ich Euch doch gleich gesagt, wir im Büro A haben uns wieder durchgesetzt. Connection, man muss Connection haben.“ Solche oder ähnliche Sätze, machen die 70% bei dem bisherigen Abstimmungsverfahren nicht wirklich glücklicher. 

Jetzt wurde ein Tag gefunden, an dem offensichtlich nicht alle einen Freudentanz aufgeführt haben, weil das Meeting hier stattfindet. Doch aufgrund der geringsten Widerstandspunkte in der Gruppe, können augenscheinlich alle damit leben. 

Nehmen wir an, es hätte sich auch hier der Mittwoch als der Tag mit den geringsten Widerstandswerten ergeben. Jetzt könntest Du sagen; „Na, das haben wir doch vorher schon gewusst.“ Nun sachlich ist das richtig. Doch da wäre noch das Problem mit den Gewinnern und Verlierern, dass am Ende das tatsächliche Kommitment doch stark beeinflusst. Wer ist schon gerne der Verlierer oder gehört zur Verlierergruppe. Doch es kommt noch ein weiterer Punkt dazu.

Auch Du als Chefin oder Chef, weißt, dass bei der Abstimmung 70 % dagegen waren. Ich kann mich gut an meine Zeit als Chefin in meinem Unternehmen erinnern, dass hat mir nach solchen Abstimmungen immer ein deutliches Magenkrummen verursacht. Ich hatte das Gefühl hier gegen eine Wand zu laufen und besonders viel Energie aufwenden zu müssen, um im Rahmen der Entscheidung auch ein gutes Ergebnis zum Beispiel in der Besprechung zu erreichen. Damit war es noch schwieriger meine Ziele zu erreichen.

Beim systemischen Konsensieren dagegen, ergibt es ein tatsächliches Ergebnis, was den Widerstand betrifft. Die Widerstandsstimmen für den Mittwoch werden durch die gesamten Widerstandsstimmen, die alle Mitarbeiter auf alle Tage verteilt haben, geteilt, dann mal 100 genommen und so kommt bei dem Beispiel, welches ich jetzt mit den beiden Mitarbeitern 1 und 2 angeteasert habe, ein Widerstandswert von 13.42 % raus. Wie dieses Ergebnis zustande kommt, in dem Buch von Georg Paulus, Siegfried Schrotta und Erich Visotschnig.

Ich kann Dir als Unternehmerin und ehemalige Chefin von bis zu 20 Mitarbeitern sagen, dass Gefühl bei 13,42 % Widerstand ist, eindeutig besser als bei geglaubten 70 % Widerstand, besonders wenn die Sieger eher die lauten und dominanten Kollegen waren. 

Es gibt eben mehr als „Schwarz“ und „Weiß“

Im Grunde ist es auch ein Weg von „schwarz“ und „weiß“ wegzukommen. Es gibt bei Abstimmungen bei den jeweiligen Optionen viel mehr als das „schwarze Nein“ oder das „weiße Ja“. Da auch ganz viel „wenn, dann“ oder „kommt darauf an“ oder „unter Umständen“ und sogar viele „eigentlich“ vertreten sind. Wann immer ich dieses systemische Konsensieren angewandt habe, habe ich anschließend erlebt, dass das Ergebnis sehr viel stärker von allen Beteiligten getragen wurde.

Alle hatten das Gefühl, wenigstens ein wenig bis sogar viel Recht bekommen zu haben. Die meisten Menschen wollen einen Konsens erreichen, bei dem sie aufrecht bleiben können, der Konflikte vermeidet und der mehr ist, als ein lahmer Kompromiss.

Widerstandspunkte zu messen, beleuchtet auch die eigene Situation genauer. Mitarbeiter, Kollegen und auch Familienangehörige sind eher bereit, genauer über die Auswirklungen der einzelnen Optionen nachzudenken und dabei lösungsorientierter vorzugehen. Es wird mehr in „wie könnte es gehen“ gedacht, als in einem schnellen und blockierendem „Nein, das geht gar nicht weil…“

Was macht man jetzt, wenn machthungrige Menschen beim systemischen Konsensieren mit abstimmen. 

Starrköpfe und andere Exoten

Die Autoren zeigen anhand einer Familie (Mutter, Vater und zwei Kinder) in der jedes Familienmitglied zum geplanten Mittagessen ein bestimmtes Gericht, möchte, dass von den anderen tendenziell bis stark abgelehnt wird. Jedes Kind dachte nun, wenn es bei dem jeweiligen eigenem Vorschlag 0 Widerstandspunkte setzt und bei allen anderen Vorschlägen 10 Widerstandspunkte, dann „gewinnt“ sozusagen, der eigene Vorschlag.

Einer der Vorschläge war Gemüse-Laibchen. Dieser Vorschlag kam von der Mutter der Familie. Klischees helfen wichtige Punkte klarzumachen. Beide Kinder waren strikt gegen Gemüse-laibchen, weil sie diese wirklich nicht mochten, also 10 Widerstandspunkte. Die Mutter hatte 0 Widerstandspunkte der Vater auch.

Am 2. wenigsten Widerstandpunkte insgesamt, hatte der Fitnessteller, der zwar vom Bruder mit 10 Widerstandspunkten belegt wurde, von der Schwester mit 0 – es war ihr Vorschlag – und von den Eltern mit 7 und 4 – dies ergab 21 Widerstandspunkte – noch weniger hatten aber die die Gemüse-Laibchen. Nämlich 20 = 2 x 0 von den Eltern und zweimal 10 von den Kindern. Du kannst Dir vorstellen, das Geschrei war groß.

Also wurde der Vorgang wiederholt. Natürlich hatte jedes Kind wieder dem eigenen Vorschlag 0 Widerstandspunkte gegeben. 10 Widerstandspunkte den Gemüse-Laibchen und eine echte Abwägung beim Vorschlag des Vaters und beim jeweiligen anderen Geschwisterkind. Diesmal bekam der Fitness-Teller 15 Widerstandspunkte und wurde von allen mit Genuss verspeist.

Kinder sind zu Recht machthungrige Menschen und Starrköpfe, wenn es um ihre ganz persönlichen Vorlieben geht. Das gemeinsame Abstimmen, die Interessen aller im Fokus zu haben ist ein Lernprozess der Zeit braucht, deswegen eignet sich dieses Beispiel sehr gut, um darzustellen, dass wenn man beim systemischen Konsensieren nur in schwarz oder weiß denkt, am Ende den Kürzeren zieht, den Anderen die Entscheidung überlässt bzw. die Chance vertut, ein annehmbares Ergebnis zu bekommen. 

Das gilt in der Erwachsenen-Welt genauso. Am besten fährt man, wenn man herausfindet mit welchen Entscheidungen man überhaupt nicht leben kann und welche Entscheidungen niedrigere Widerstandspunkte haben.

Sondersituationen

Es gibt noch einige besondere Situationen, zum Beispiel:

  • Wie geht man mit 2 gleichwertigen Vorschlägen um?
  • Was macht man, wenn man eine sehr schnelle Entscheidungsfindung braucht? Kann man das Verfahren abkürzen, besonders bei Großgruppen, die Abstimmen sollen?
  • Wie geht man mit einem normierten Widerstand um?
  • Ist diese Methode auch bei Abstimmung mit Kindern und Jugendlichen möglich?

Antworten darauf kannst Du zum einem im Buch lesen oder Du nutzt das kostenfreie Strategie-Gespräch mit mir vereinbarst einen Termin.

Persönlich bin ich davon überzeugt, dass Du mit den Informationen, die Du heute im Tipp der Woche gehört hast, 80 % sämtlicher stundenlanger Diskussionen rund um eine Entscheidung – im Unternehmen oder auch in der Familie verkürzen kannst und trotzdem fühlen sich alle Beteiligten gehört und beachtet. Außerdem wird der passive Widerstand gegen eine Entscheidung radikal reduziert, weil sich die Mitarbeiter, Kollegen, Partner und Familienmitglieder abgeholt und beteiligt an der der Entscheidung fühlen. 

Schattenspringer probieren auch einmal ungewöhnliches aus und sind gespannt auf ihre eigenen Erfahrungen. Ich wünsche Dir wunderbare Entscheidungen, wo und mit wem Du sie auch treffen willst. 

Spring über Deinen Schatten. Lebe Dein Leben, Du hast nur das eine. Viel Erfolg dabei.